Schloss Wagrain

Schloss Wagrain – Bundesrealgymnasium Vöcklabruck

In alten Gemäuern zur Schule gehen, die seit dem 12. Jahrhundert zum Stadtbild Vöcklabrucks gehören: Dieses Privileg genießen Schülerinnen und Schüler des BRG Schloss Wagrain. Am 16. Oktober 2020 feiert das Bildungsinstitut sein 70jähriges Bestehen.

Das Schloss 

Eine Urkunde im Herrschaftsarchiv Wagrain, das im OÖ Landesarchiv verwahrt wird, gibt uns erste Kunde über ein Gut in Wagrain: Wezilo von Schöndorf übergibt 1135 seinen Besitz in Wagrain an die Probstei Berchtesgaden (Wezilo von Schöndorf war ein Ministeriale, ein höherer Beamter, im Dienste der Grafen von Regau. Wezilo begegnen wir auch im Zusammenhang mit Pilgrim von Weng und dem Kauf der Vöcklabrücke 1134.).

Die Vermutung liegt somit nahe, dass Wezilos Gut ursprünglich ein Teil der umfangreichen Besitzungen der Grafen von Regau war.

Wie lange die Herrschaft Wagrain dann im Besitz der Propstei Berchtesgaden war oder ob es weitere Besitzer gab, darüber ist bis 1447 nichts bekannt.

1447 kommt sie jedenfalls in den Besitz der Familie Engl, eines Ratsherrengeschlechts der Stadt Steyr, und bleibt es über 400 Jahre bis 1910.

Der erste für Vöcklabruck bedeutsame Vertreter dieser Familie ist Albrecht Engl, der als Aufschläger (landesfürstlicher Finanzbeamter) ab 1498 nachweisbar ist. Kaiser Maximilian I. gab Albrecht Engl 1499 die Erlaubnis, seinen Sitz neu aufzubauen und sich nach ihm „zu nennen und zu schreiben“. Gleichzeitig erhob er das einfache Gut zu einer Hofmark, also zu einem Edelmannsitz. Albrecht Engl nahm jedoch ein tragisches Ende.

Als Engl nämlich auf Grund der erhaltenen Bewilligungen damit begann, Wagrain wieder aufzubauen, scheinen die Bürger der Stadt Vöcklabruck damit gar nicht einverstanden gewesen zu sein. Sie sahen in der Herausnahme einiger Besitzungen aus ihrem Burgfried – dem damaligen Stadtgebiet – durch die Herrschaft Wagrain eine wesentliche Schmälerung ihrer Rechte und verweigerten die Anerkennung von Engls Privilegien. Sie läuteten bei Baubeginn die Glocken und griffen den Edelmannsitz an, wobei „mit Büchsen geschossen wurde, als wär der Feind im Land“. 

Den folgenden Prozess vor der Landeshauptmannschaft verlor die Stadt. Ob in den folgenden Jahren auch noch andere Vorkommnisse oder Engls Amt als landesfürstlicher Beamter zu Buche schlugen, ist nicht bekannt. Das Verhältnis zwischen der Stadt und dem Aufschläger war jedoch offensichtlich nachhaltig gestört und im Jahre 1506 eskalierte die Sache.

Am Pfingstdienstag, dem 2. Juni 1506, entlud sich der jahrelang aufgestaute Frust der Vöcklabrucker Bürger gegen Albrecht Engl. Im Zuge eines tätlichen Streites erlitt Albrecht Engl so schwere Verletzungen, dass er einige Tage später verstarb. Die drei Haupttäter, Wolf Heller, Walter Lederer und Ulrich Schranz, wurden zu harten Strafen verurteilt.

Nach dem Tode Albrechts erbte sein Bruder Augustin Wagrain und in weiterer Folge dessen Enkel David und Simon Engl. Sie teilten das Haus in zwei Linien: Simon Engl von Wagrain zu Lützlberg am Attersee und David Engl zu Wagrain.

Exkurs: Sensationsfund aus der Linie Simon Engl:

Im März 2020 wurden bei Grabungsarbeiten in Litzlberg die sterblichen Überreste von Anna Engl, geborene Furth, entdeckt. Sie war die Ehefrau von Simon Engl und am 2. Juli 1620 verstorben. Dieser Fund ist ein erster physischer Nachweis sowohl über die Familie Engl als auch über eine protestantische Begräbnisstätte in Litzlberg. Die Litzlberger Linie der Engls ist allerdings bereits 1683 erloschen.

Die Herrschaft Wagrain bei Vöcklabruck scheint bis etwa 1600 kein besonders umfangreicher, dafür ein sehr verstreuter Besitz gewesen zu sein, denn aus einer Urkunde aus 1598 geht hervor, dass die kleine Grundherrschaft ihren Besitzer nicht standesgemäß ernähren konnte.

Erst David Engl schuf durch Grundtausch und Zukäufe ein Herrschaftsgebiet, das sich selbst erhalten konnte. Verbrieft sind etwa der Kauf eines Gutes in Schöndorf und der Schöndorfer Mühle samt Säge, Kalkofen und Meierhof sowie des Fischereirechtes in der Ager.

Der Kern des heutigen Schlosses stammt noch aus der Zeit David Engls um 1600 und es war von einer Mauer mit Torturm umgeben, wie aus einem Stich von Georg Matthäus Vischer aus dem Jahr 1674 ersichtlich ist.

David Engl musste jedoch auf Grund seines protestantischen Glaubens Oberösterreich 1628 verlassen und seinen Besitz um 20 000 Gulden dem bayrischen Stadthalter Graf Adam von Herberstorff verkaufen. Er starb im folgenden Jahr in Pressburg/Bratislava. Seine Söhne Stefan und Gottlieb konnten das Schloss später wieder auslösen. 1717 wurde die Familie Engl in den Reichsgrafenstand erhoben.

Am 8. März1910 starb der letzte Engl, k.k. Kämmerer Sigmund Reichsgraf von und zu Wagrain, mit 82 Jahren in Linz. „Das großartige Leichenbegängnis fand am 12. März zur Gruft in Schöndorf statt. Nach der Grabrede wurde das gräfliche Wappen zerbrochen und das Bürgerkorps gab eine Ehrensalve ab“ wie die Seifridsberger Chronik zu berichten weiß.

Somit war die Linie der Grafen zu Wagrain im männlichen Stamm ausgestorben. Sigmunds Tochter Berta Gräfin Spiegelfeld erbte das Schloss.

Vom Schloss zur Schule

Eine neue Ära läutete der Kauf des Schlosses und des dazugehörigen Parks durch die Stadtgemeinde Vöcklabruck im Spätsommer 1950 ein. Um 500.000 Schilling wechselten insgesamt rund 4 ha den Besitzer.

Bereits im Mai dieses Jahres hatte sich ein Verein aus engagierten Eltern gegründet, dessen Ziel es war, ein Gymnasium nach Vöcklabruck zu bringen.

Am 16. Oktober wurden ihre Bemühungen durch die feierliche Eröffnung des Realgymnasiums Vöcklabruck gekrönt. Begonnen wurde mit einer ersten Klasse (55 Schüler) und einer zweiten Klasse (33 Schüler), die Schule wurde als Expositur des Realgymnasiums Gmunden geführt.

Der Direktor des Gymnasiums Gmunden, Hofrat Adolf Kowarz, fungierte gleichzeitig als Leiter der Vöcklabrucker Außenstelle. Der Lehrkörper umfasste folgende Damen und Herren: Prof. Dr. Wilhelm Entlicher (später erster Direktor), Prof. Theodor Klauser, Prof. Dr. Ilse Slama, Prof. Johann Bigenzahn, Prof. Rudolf Wagner (kath. Religion), Prof. Dr. Willam (ev. Religion), Prof. Herwig Artner, Prof. Maria Baumgartner, Prof. Walter Hofmaier, Prof. Hans Hübl und Prof. Roxane Tuvay.

In den ersten Jahren musste die Stadt Vöcklabruck für den gesamten Sachaufwand der Schule aufkommen, von 1950 bis 1953 waren das 2 Millionen Schilling (2024 entspricht das rund € 2 000 000).

1957 das nächste Highlight: Die erste Matura wurde mit 16 Maturanten abgehalten.

1958 erlangte die Schule ihre Selbständigkeit unter der Bezeichnung „Bundesrealgymnasium Vöcklabruck“ (Direktor Dr. Karl Schalberger). 

1961 schenkte die Stadt das Schloss mit dem Schlosspark der Republik Österreich für Schulzwecke. Diese errichtete in den Jahren 1961 bis 1969 im Park einen Neubau. Nachdem das nunmehrige Bundesgymnasium und -realgymnasium dorthin übersiedet war, zogen die HTL für Maschinenbau und Betriebstechnik sowie die Fachschule für Maschinenbau im Schloss Wagrain ein und blieben bis 1983.

Nach der Übersiedelung der HTL in ihr neues, heute noch bestehendes, östlich des Schlosses gelegenes Gebäude „schenkte“ die Republik das Schloss der Stadt Vöcklabruck zurück, allerdings unter der Auflage, das Gebäude nur für Schulzwecke zu nutzen. Nach einer gründlichen Renovierung wurde von 1985 bis 1993 die Hauptschule II darin untergebracht. 

In den 1980er Jahren wuchs das Gymnasium im Schlosspark zum größten in Oberösterreich an, und so herrschte eklatanter Platzmangel. Selbst die Garderoben wurden zu Klassenräumen umgebaut und viele „Wanderklassen“ (diese „wanderten“ jede Stunde in einen anderen Klassenraum) eingerichtet.

Erleichterung brachte erst der Bau der Hauptschule in Regau, die dort 1993 ihre Pforten öffnete. 

Das Schloss Wagrain wurde somit – wie schon 1950 – wieder zum Realgymnasium, allerdings mit etlichen Klassen im Gebäude des benachbarten Bundesgymnasiums.

Ein moderner Zubau und eine umfassende Adaptierung des bestehenden Schlossgebäudes - es ist seit 1999 wieder im Besitz der Republik - schufen schließlich in den Jahren 1998 bis 2000 Abhilfe. Das Jahr des 50-jährigen Bestehens war zugleich das Eröffnungsjahr des neuen Schulgebäudes des BRG Schloss Wagrain.

2005 und 2006 erfolgten schließlich noch die Erweiterung und der Umbau des BG Vöcklabruck, die feierliche Eröffnung im November 2006 setzte den bisherigen Schlusspunkt unter die wechselvolle Geschichte der einstigen gräflichen Residenz.